Vegan ist längst mehr als ein Trend in der Ernährung. 1,3 Millionen Deutsche haben sich mittlerweile für diesen Lebensstil entschieden. Weitere 12 Prozent möchten demnächst die Umstellung schaffen.
Die Ergebnisse einer Umfrage der Marktforscher von „Skopos” im Auftrag der „
Veganen Gesellschaft Deutschlands (VGD)“ und der Kölnmesse geben Grund zur Hoffnung. Vor allem, nachdem die Befragten nicht nur mehr kcal an Tofu oder Soja essen möchten, sondern sämtliche Bereiche ihres Lebens einer gründlichen Betrachtung unterziehen. Und gegebenenfalls ihren Konsum umstellen, denn: Von Mode über Möbel, Kosmetik bis Krankenversicherungen – immer häufiger sind Produkte gefragt, bei denen von der Herstellung bis zur Vermarktung kein Lebewesen zu leiden hat. Das gilt auch für den Energiesektor: Vegane Energie muss her.
„Vegane Energie?“ mag der kritische Geist fragen. Was soll denn bitte daran nicht-vegan sein? Bei genauerer Betrachtung merkt man allerdings schnell, dass es viel einfacher ist, in der Küche statt zum Schnitzel zu Tofu oder Soja zu greifen. Vegane Energie zu finden kann ganz schön kompliziert sein.
Wer erzeugt vegane Energie?
Kompliziert ist nicht nur die Suche nach veganer Energie. Ähnliches gilt auch für den Markt der Energie-Anbieter. Rund tausend Unternehmen beliefern uns Deutsche mit Strom und Gas, darunter viele Kleinunternehmen, die ausschließlich regional tätig sind. Der Markt ist groß, vor allem aber unüberschaubar. Dabei kochen sämtliche Anbieter nur mit Wasser – oder vielmehr gewinnen sie die Energie nach demselben Prinzip: Es wird zum Großteil aus fossilen Energieträgern wie Öl, Kohle und Gas erzeugt und basiert dementsprechend auf endlichen Ressourcen. Aus diesem Grund wird immer öfter auch auf sogenannte erneuerbare Energie (regenerative Energie) gesetzt: Sonnen-, Wind-, Wasser-, Bioenergie oder Geothermie sollen uns weniger von fossilen Energieträgern abhängig machen und gleichzeitig den Ausstoß von CO2 reduzieren. Soweit ist alles klar. Betrachtet man die einzelnen Verfahren jedoch im Detail, wird schnell bewusst: Nach veganer Energie muss man hier länger Ausschau halten.
Weg von Atom und Kohle
Klar, hinter Atomkraft wird keiner vegane Energie vermuten. Dass diese für Mensch, Umwelt und Tier schädlich ist und sich negativ auswirkt, weiß spätestens seit Fukushima jedes Kind. Von Umwelt- und Tierschützern ganz zu schweigen. Zwar hat sich Deutschland zu einem Ausstieg aus der Erzeugung von Atomenergie entschieden. Damit sind Folgeschäden oder Langzeitauswirkungen des bisherigen Einsatzes aber nicht gebannt. Wie diese für Lebewesen und Natur aussehen, wird sich in Zukunft weisen. Doch auch Braunkohle, die künftig erneut verstärkt bei der Energieerzeugung zum Einsatz kommen wird, ist zwar gesundheitlich unbedenklicher. Tierfreundlich ist das Verfahren damit aber nicht. Für Flora und Fauna nämlich hat die Rodung von Wäldern, Auen und Wiesen beim Abbau der Kohle ebenfalls negative Auswirkungen: Ihnen wird dabei der Lebensraum entzogen. Fest steht, dass es sowohl bei Atomkraft wie auch Braunkohle um alles andere als vegane Energie handelt. Wie gut, dass es Ökostrom-Anbieter gibt... oder etwa nicht?
Ökostrom = vegane Energie?
Ökostrom-Anbieter gibt es in Deutschland mittlerweile in ähnlicher Fülle wie den viel zitierten Sand am Meer. Rein Physikalisch liefern sie denselben Strom wie jeder andere Anbieter. Allerdings sollten Ökostrom-Anbieter in umweltfreundliche Kraftwerke statt in fossile Brennstoffe investieren und so umweltfreundliche Energieversorgung zukunftsfähig machen. Die Betonung liegt auf „sollten”. Leider ist der Begriff „Ökostrom” nämlich ungeschützt, sodass sich hinter dem grünen Deckmantel viele schwarze Schafe verbergen. Gut, dass es Abhilfe gibt: Die Umweltschutzorganisation „
Robin Wood“ hat bundesweit sieben Anbieter geortet, die wirklich ökologisch arbeiten. Diese empfehlenswerten Anbieter sind laut Robin Wood nicht mit Kohle- oder Atomkonzernen verflochten, sie investieren in Erneuerbare Energien. Außerdem liefern sie Energie, die zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Quellen kommt. Erfüllt werden die Robin Wood-Kriterien von folgenden Unternehmen: Bürgerwerke, Elektrizitätswerke Schönau, Greenpeace Energy, Naturstrom, Polarstern sowie Ökostrom+/Solidarstrom.
Auch wenn die Liste vielversprechend und nach einer guten Auswahl klingt, hat sie jedoch einen Haken: Es heißt nicht, dass die empfohlenen Anbieter auch vegane Energie liefern. Ausgerechnet die Nutzung von Tierprodukten zur Stromerzeugung oder gar die tierfreundliche Herstellung wurden in der Untersuchung nämlich nicht berücksichtigt.
Biogas – schlechter als sein Ruf
Genau hier liegt das Problem: Wer vegane Energie möchte, für den lautet die simple Lösung nicht, so schnell wie möglich zu einem Ökostrom-Anbieter zu wechseln. Oft enthält der Mix von Ökostrom-Anbietern nämlich auch Energie aus Biogas. Dieses entsteht in Biomasse-Anlagen, bei denen organische Materialien fermentiert werden. Leider gehören zu den „organischen Materialien“ - entgegen allgemein verbreiteter Meinung – nicht nur Pflanzen- und Pflanzenabfälle, sondern auch Tierprodukte wie Kadaver, Lebensmittelabfälle oder Gülle. Der Kuhmist aber stammt oft aus Massentierhaltung. Für die Bauern ist diese Verarbeitung des Mists oft lukrativer, als die Milch der Kühe zu verkaufen. Vegane Energie sieht anders aus.
Energie aus Wasser und Wind
Ebenso wenig wie bei Biomasse handelt es sich auch bei Wasser- oder Windkraft um 100prozentig vegane Energie. Das liegt daran, dass gerade diese Anlagen für Tiere ganz schön heimtückisch sind. So können Wasserkraftanlagen zu tödlichen Fallen für Lachse, Forellen, Aale und andere Fischarten werden. Wollen sie die Hürde der Anlage in den Flüssen überwinden, verheddern sie sich oft in deren Fängen und werden regelrecht zerhäckselt. Ähnliches passiert auch Greifvögeln und Fledermäusen bei Windkraftwerken: Sie verletzten sich in den Windrädern und verenden oft qualvoll.
Tierschutz
Dabei wäre es ein Leichtes, Unfälle wie diese zu verhindern und somit 100 Prozent vegane Energie in Wasser- und Windkraftwerken zu erzeugen. Fischtreppen und Wasserwege, die an den Turbinen in den Wasserkraftanlagen vorbeiführen, werden zum Beispiel bei „Planet Energy“ eingesetzt. Das Tochterunternehmen von „Greenpeace Energy“ betreibt außerdem eigene Windkraftanlagen, in denen durch ausführliche Vorverfahren und entsprechende Gutachten sichergestellt werden, dass sich die Auswirkungen auf Vogel- und andere Tierarten möglichst geringhalten. Auch nach Inbetriebnahme werden strenge Schutzkriterien befolgt. So werden beispielsweise bei besonderen Witterungsverhältnissen die Rotoren zum Schutz der Fledermäuse abgeschaltet.
100% vegane Energie
Ist es also ein Ding der Unmöglichkeit, vegane Energie zu finden? Ganz und gar nicht. Sämtliche Experten empfehlen, einen Ökostrom-Anbieter zu wählen, der in den Aufbau von Solarstromanlagen investiert. Letzteres ist nämlich bisher die tierfreundlichste Methode der Energieerzeugung. Je mehr Strom aus
Solaranlagen kommt, desto besser für die Gesamtstrombilanz.
Ökogas nicht immer vegan
In Sachen veganem Ökogas gestaltet sich die Suche noch etwas schwieriger. Die meisten Anbieter beschaffen sich ausländisches Erdgas, das aus fossilen Brennelementen besteht und aus abgestorbenen Tieren sowie Pflanzenresten gewonnen wird. Von vegan kann hier keine Rede sein! Die Situation ändert sich auch dann nicht, wenn die Anbieter in fernen Ländern ein Klimaschutzprojekt unterstützen, so die CO2-Emissionen des Erdgases rechnerisch kompensieren und sich dadurch das eigene Gas „sauber kaufen“ möchten. „Etikettenschwindel“ und „Mogelpackung“ - mit diesen harschen Worten hat der „Verein Grüner Strom Label“ (GSL), der auch Gasangebote zertifiziert, diese Praxis kritisiert. Nur vier Gasprodukte der beiden Unternehmen NaturstromHandel GmbH und der zur EnBW gehörenden NaturEnergie+ Deutschland GmbH konnten den strengen Standards der GSL- Zertifizierung bisher genügen.
Gas aus Zuckerrübenschnitzel
Die meisten Ökostrom-Anbieter bieten mittlerweile auch Ökogas an. Sie setzen bewusst auf rein pflanzliche Biomasse zur Erzeugung des Biogases und verzichten auf tierische Elemente. Die Greenpeace Energy eG zum Beispiel bietet komplett veganes Ökogas aus Wasserstoff an, sogenanntes „Windgas“. Mithilfe von Energie aus Windkraft wird der Wasserstoff erzeugt und ins Gasnetz eingespeist. Einen besonders tierfreundlichen und noch innovativeren Weg geht „vegawatt“, eine Marke der TWL Energie Deutschland GmbH. Bei seiner Gas-Produktion setzt es auf eine Herstellung aus 100 Prozent reinen Zuckerrübenschnitzel. „Außer den bereits verwerteten Zuckerrübenschnitzeln landet nichts in den Fermentern der Biogasanlagen“, wird das einfache Verfahren auf der Website beschrieben, „das Gas wird vor Ort in das Leitungsnetz eingespeist.“
Lieferanten veganer Energie
Mit seiner kreativen Lösung für die Herstellung von 100% veganem, umweltfreundlichen Gas aus Zuckerrübenschnitzel ist
vegawatt sicher einer der innovativsten Anbieter von veganer Energie. Das Unternehmen liefert Energie, die unter nachhaltig veganen Gesichtspunkten erzeugt wurde. Es steht für eine Energie-Produktion, die im Sinne der Tierwelt aufgestellt ist. Damit schützt es natürliche Lebensräume sowie die Natur und fördert außerdem die Energiewende in Deutschland. Auch Greenpeace Energy eG samt Tochterunternehmen Planet Energy wirbt mit 100% veganer Energie. Es setzt darauf, bei seinen Wind- sowie Wasserkraftanlagen in der Stromgewinnung die Umwelt- und Tierschutzstandards zu verbessern. Laut Website gelten dabei „die strengen Kriterien der Umweltschutzorganisation Greenpeace.“ Auch in Sachen Gas setzt Greenpeace Energy auf „vegane Qualitätsstandards“. Nachdem Biogas, das aus Resten der Lebensmittelverarbeitung, Mist oder Gülle aus artgerechter Tierhaltung, nicht ausreicht, mischt es zum Produkt 0,1 – 0,8 Prozent „Windgas“ bei. Es handelt sich dabei um Wasserstoff, der aus überschüssigem Windstrom mittels Elektrolyse gewonnen wird. Damit liefert Greenpeace Energy vegane Energie.
Anders sieht die Situation etwa beim Ökoenergie-Anbieter Naturstrom aus. Da ist zwar das Biogas als vegane Energie einzustufen; der Ökostrom wird allerdings aus Wasserkraftwerken in Deutschland gewonnen. In wie weit diese mit Treppen oder Wasserwegen nach dem Vorbild von Greenpeace ausgestattet sind, ist nicht geklärt. Deshalb kann die Energie dieses Anbieters nicht als rein vegan eingestuft werden.
Wer suchet, der findet
Gerade das letzte Beispiel macht klar: Wer vegane Energie möchte, muss schon etwas genauer hinschauen. Obwohl die Kritik an veganen Energie-Anbietern teilweise berechtigt ist, muss die Lösung für Veganer und Tierschützer aber nicht lauten, völlig auf Energie zu verzichten. Wer sich auf dem deutschen Markt umschaut, findet sie nämlich auch: Die Pionier-Anbieter von 100% veganer Energie.